Montag, 12. Mai 2025

Hefter, Martina: Hey guten Morgen, wie geht es dir? (Hörbuch)

 

Tagsüber hilft Juno ihrem schwerkranken Mann Jupiter dabei, seinen Alltag zu meistern. Außerdem ist sie Künstlerin, tanzt und spielt Theater. Und nachts, wenn sie wieder einmal nicht schlafen kann, chattet sie mit Love-Scammern im Internet. Juno schreibt online mit Männern, die Frauen online ihre Liebe gestehen und so versuchen, sie um ihr Geld zu bringen. Doch statt darauf hereinzufallen, werden genau diese Männer zu einer Form von Freiheit für Juno. In den Gesprächen kann sie sein, wer sie will und sagen, was sie will – und das vermeintlich ohne Konsequenzen. Ganz im Gegensatz zu ihrem sonstigen Leben, in dem sie immer unterwegs, immer besorgt um Jupiter, immer beschäftigt und eingebunden ist. Also flüchtet Juno ab und zu vor ihrem Alltag ins Internet und spielt dort Spielchen mit Männern, die sie anlügen. Sie selbst wird zur Lügnerin. Aber ist es nicht so, dass man sich beim Lügen zuallererst selbst belügt? Eines Tages trifft Juno auf Benu, der ihre Behauptungen ebenso durchschaut wie sie seine. Und trotz der Entfernung zwischen ihnen entsteht eine Verbindung. (Verlagsbeschreibung)

DNB / argon hörbuch / 2024 / ISBN: 978-3-8398-2173-2 / 309 Minuten
 
Kurzmeinung: Selten so etwas Langweiliges gehört - zermürbender Alltag gepaart mit Internetfluchten und mythologischen Anleihen. Buchpreisgewinner 2024.

 

 

 

 

 

 

 GEWINNER DES DEUTSCHEN BUCHPREISES 2024...

 


Wer wie Juno Isabella Flock den Endzeit-Film "Melancholia" von Lars von Trier als Begleitfilm seines Lebens wählt, kann eine eigene depressive Note wohl nicht leugnen. Vielleicht eine gewagte These, aber im Fall von Juno trifft dies zu. Was ihr nicht vorzuwerfen ist, denn sie lebt einen zermürbenden Alltag aus Einsamkeit (schon lange schlafen ihr Mann und sie in getrennten Zimmern und leben mehr wohngemeinschaftsähnlich miteinander denn als Ehepaar), der Pflege ihres schwerkranken Mannes (der sich kaum noch bewegen kann, geistig aber sehr rege ist), der Tatsache des Alterns (Juno hat die 50 bereits überschritten) und damit nachlassender Angebote als Tänzerin, sowie den stundenlangen Tanzübungen, um in Form zu bleiben. 

Freund:innen gibt es irgendwie nicht, und um auf andere Gedanken zu kommen, lenkt sich Juno in schlaflosen Nächten damit ab, im Internet mit sog. Love-Scammern zu chatten. Sie wundert sich, wie man auf diese angeblichen Liebhaber hereinfallen kann, die doch nur auf das Geld der einsamen Frauen aus sind. Aber Juno macht sich einen Spaß daraus, den Spieß umzudrehen, und erfindet in den Chats unglaubliche Dinge über sich und ihr Leben, bis die Männer ihr keinen Glauben mehr schenken und auf Nimmerwiedersehen verschwinden. So schafft sich Juno etliche virtuelle Wirklichkeiten neben ihrer tristen eigenen, ohne Verbindlichkeiten einzugehen. Bis sie auf Benu trifft, der sie genauso durchschaut wie sie ihn - und dem sie sich allmählich immer mehr öffnet. 

Juno badet nicht in Selbstmitleid, was ich ihr hoch anrechne. Sie ist intelligent, belesen und interessiert, verfügt zudem über eine genaue Beobachtungsgabe. Demensprechend schweift sie hier oft von Thema zu Thema, reißt vieles an, meist auf ironisch-zynisch-distanzierte Weise, geht aber kaum einmal in die Tiefe. Eher so als würde man man Junos Bewusstseinsstrom verfolgen, ihren Gedankensprüngen ebenso wie den wiederkehrenden Gedankenschleifen.

Es ist kein roter Faden erkennbar, in der Mitte zerfasert die Erzählung zusehends. Aber weder diese Tatsache noch die fehlende Tiefgründigkeit von Junos Überlegungen haben mich am meisten gestört. Auch nicht der Umstand, dass sich mir der Sinn der Anleihen an die Mythologie nicht immer erschloss (außer: Juno = Göttin der Geburt, der Ehe und der Fürsorge). Sondern die Tatsache, dass ich mich beim Hören immer mehr langweilte. Tatsächlich habe ich selten so etwas Langweiliges gehört - und das tut mir ganz arg leid. Für mich natürlich, aber ebenso für die ungekürzte Hörbuchversion (5 Stunden und 9 Minuten). An der Sprecherin Inka Löwendorf lag es sicherlich nicht - sie empfand ich als die passende Besetzung für die Gedankenwelt von Juno, genauso hätte ich mir die Stimme dieser Figur vorgestellt.

Dieser Roman war der Gewinner des Deutschen Buchpreises 2024. Einmal mehr ein preisgekröntes Buch, das mich nicht so recht ansprechen konnte. Schade!


© Parden

 

 

 

 

Martina Hefter lebt als Autorin und Performerin in Leipzig. Ihre Texte bewegen sich zwischen Gedicht, szenischen Schreibformen und Roman. Viele ihrer Texte setzt sie in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern und Künstlerinnen szenisch um. Sie veröffentlichte drei Romane und fünf Gedichtbände. Ihr Roman Hey guten Morgen, wie geht es dir? wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2024 ausgezeichnet. (Quelle: argon hörbuch)

 

 

Inka Löwendorf arbeitete unter anderem am Schauspielhaus Wien, am Berliner Ensemble und der Volksbühne Berlin. 2007 gründete sie den Heimathafen Neukölln, wo sie seither in der künstlerischen Leitung tätig ist – wenn sie nicht gerade in Stücken wie Die Rixdorfer Perlen oder ArabQueen selbst auf der Bühne steht. (Quelle: argon hörbuch)

 

1 Kommentar:

  1. Aus irgendeinem Grund habe ich das Hörbuch bei einem bekannten Dienst erworben. Ist schon eine Weile her. Nun habe ich da mal reingehört. Weiß noch nicht, ob ich es zu Ende höre, oder ob es langweilig ist. Auf jeden Fall klingt es wie die traurige Variante von "Gut gegen Nordwind".

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